In dem Forschungsgebiet der Epigenetik wurde festgestellt, daß bestimmte Gene von einem inneren Kontrollsystem, dem Epigenom, im Wechsel an- und wieder abgeschaltet werden. Umweltreize haben einen starken Einfluss auf die Aktivität dieses Epigenoms.
Entsprechend der Qualität dieser Umweltreize können Krankheiten entstehen, da krankheitserzeugende Gene angeschaltet werden, sowohl umgekehrt auch abgeschaltet werden, je nach dem, ob Belastungs- oder Entlastungsreize von außen erfolgen.
Dies gilt für den erwachsenen Menschen und hat im Besonderen weitreichende Folgen hinsichtlich der Umweltbeeinflussungen in den ersten Lebensjahren.
Wird das angeborene Bindungsbedürfnis in den ersten Lebensjahren von einer festen Bezugsperson verlässlich sichergestellt, steigert dies die Genaktivität. Weiterhin verstärkt sich ein offensives Erkundungsverhalten, welches dem Kleinkind einenausgeprägten Zugewinn an motorischen Fähigkeiten ermöglicht, Lernerfahrungen positiv verankert und motivationale Schemata fördert.
Unsichere Bindungsstile aufgrund wenig einfühlsamer primärer Bezugspersonen (Mutter, Vater, etc.) können je nach Ausprägung die Genaktivität drosseln bis abschalten. Frühe Bindungsdefizite sowie Traumatisierungen führen dauerhaft zu einem erhöhten Stressniveau. Eine gesunde Entwicklung verzögert sich. Im Unterbewusstsein können neuronale Schemata sozusagen programmiert werden, die auf Lebenszeit hinterlegt sind und viele psychische wie soziale Verhaltensweisen in starker Ausprägung bestimmen.
Es ist nachgewiesen, dass traumatisierte Kinder stressbedingt eine höhere Cortisolausschüttung (Alarmbereitschaft) haben, die auch bis in das Erwachsenenleben fortbestehen kann. Hieraus können sich schwere psychische Störungen wie Depressionen und Süchte entwickeln.
Viele Eltern sind sich wenig bewusst, über welche weitreichende Möglichkeit aber auch Verantwortung sie hier verfügen, da sie selten wissen, dass die ersten Lebensjahre sehr prägend hinsichtlich der Stressresistenz bis in hohe Alter sind.
Psychotherapie kann im nach hinein diese strukturellen Verletzungen (Stressnarben) erfolgreich behandeln. In dramatischen Fällen (wie z.B. bei starken Persönlichkeitsstörungen) ist jedoch oft keine Heilung, sondern nur noch Linderung zu erreichen.