Wenn Menschen miteinander sprechen sind sie sich meist nicht bewusst, welche Wirkungen ihre Worte auf den Gegenüber haben können. Viele benutzen Sprache als automatischen unreflektierten Vorgang und wundern sich, weshalb plötzlich die
Situation eskaliert, obwohl sie es doch „ eigentlich gut gemeint“ haben“. Es wird übersehen, daß nicht nur durch körperliche Einwirkung, sondern auch durch Sprache Gewalt auf den Gegenüber ausgeübt werden kann und als Folge Ablehnung auslöst.
Speziell bei Konfliktsituationen, und die sind allgegenwärtig, kommt es besonders darauf an, eine lösungsorientierte Sprache zu benutzen, um einen konstruktiven Umgang mit den unterschiedlichen Ansichten, Gefühlen und Zielen zu finden, anstatt in der Eskalation zu landen. Nicht der Konflikt an sich ist das Problem, sonder die Art und Weise, wie wir mit ihm umgehen.
Unbewusst rutschen Anklagen, Schuldzuweisungen, Vorwürfe, Appelle, Drohungen etc. in die Aussagen, auf die der Gegenüber dann mit Ablehnung oder Aggression reagiert. Eine spezielle Art problematischer Kommunikation sind z.B. Wünsche, die in Form von Forderungen vermittelt werden, oder moralische Urteile, die Anderen unterstellen, daß sie Unrecht haben oder sich negativ verhalten, wenn sie sich nicht unseren Wüschen gemäß verhalten. Wer sich nicht in Übereinstimmung mit unseren Ansichten verhält, dem wird schnell Fehlverhalten oder sogar böse Absicht unterstellt.
Das kommt daher, weil die meisten von uns mit einer Sprache aufgewachsen sind, die uns dazu verleitet, andere in Schubladen zu stecken, zu vergleichen, zu fordern und Urteile auszusprechen, anstatt wahrzunehmen und zu fühlen, was wir wirklich von Anderen wollen. So haben sich viele Menschen unbewusst Muster einer Kommunikation angeeignet, die dazu führt, daß wir Andere mit unserem Sprachstil verletzen.
Die Methode der Gewaltfreien Kommunikation ist eine Vorgehensweise, mit Hilfe derer Menschen lernen können, Gefühle und Bedürfnisse auszudrücken, ohne den anderen zu beschuldigen oder zu bewerten; weiterhin Bitten klar zu formulieren, ohne zu drohen oder zu manipulieren sowie kritische und feindselige Aussagen des anderen nicht persönlich zu nehmen, sondern dessen unausgesprochene Gefühle und Bedürfnisse, die hinter diesen Aussagen stehen, wahrzunehmen.
Grundlegendes Ziel der gewaltfreien Kommunikation ist, eine wertschätzende Beziehung zu sich selbst und zu anderen Menschen zu erreichen und diese auch in der Kommunikation auszudrücken.
Es geht dabei um Ehrlichkeit, Klarheit und um eine gegenseitig respektvolle und mitfühlende Aufmerksamkeit. Damit können bisherigen Dank- und Verhaltensmuster des sich Rechtfertigens, sich Zurückziehens oder Angreifens zurückgelassen werden und es entsteht eine konstruktive und würdigende Form der kommunikativen Klärung.
Das Grundgerüst in der Gewaltfreien Kommunikation besteht in einem 4 Stufen-Modell.
Es dient als Leitfaden, um die wichtigsten Elemente einer förderlichen Kommunikation zu lernen, ohne jede Art der verbalen Manipulation, Bewertung oder Vorwurf, bei der die Gefühle und Bedürfnisse alle gehört werden und ausgedrückt werden dürfen.
1. Der erste Schritt Beobachtung bedeutet, dass wir lernen, die Beobachtung von der Bewertung zu trennen. Wir beschreiben klar und deutlich, was wir bei der Angelegenheit, um die es sich dreht, sehen oder hören, und zwar ohne dies mit einer Kritik, einem Vorwurf oder einer Schuldzuweisung zu vermischen.
2. Der zweite Schritt „Gefühle“ bedeutet, dass wir lernen, unsere Gefühle auszudrücken und sie auch beim anderen wahrzunehmen, um nicht nur die rationalen Aspekte eines Gesprächs zu berücksichtigen. Speziell der Gefühlsbezug ermöglicht wichtige Informationen über uns, über die Art und Weise, wie wir die Dinge sehen und wahrnehmen.
3. Der dritte Schritt „Bedürfnisse“ bedeutet, dass wir die Wurzel unserer Gefühle, nämlich die dahinter liegenden „Bedürfnisse“ erkennen und ausdrücken. Sie erklären gleichzeitig die Gefühle und verringern die Wahrscheinlichkeit, dass der andere sich für unsere Gefühle verantwortlich oder schuldig fühlt.
4. Der vierte Schritt „Bitte“ bedeutet, dass wir die Bitte an den anderen klar und eindeutig aussprechen. Wir bitten um konkrete, machbare Handlungen, die unsere Bedürfnisse erfüllen könnten. Wir lassen wir dem anderen die Wahl, unsere Bitte zu erfüllen oder nicht. In dem Moment, wo der andere unsere Bitte als Forderung auffasst besteht die Gefahr, daß er sich bedroht oder erpresst fühlt. Das Ziel der gewaltfreien Kommunikation ist, die Bedürfnisse auf beiden Seiten, soweit möglich, zu erfüllen. Dazu ist es notwendig, die Bedürfnisse des Anderen genau so ernst zu nehmen, wie die eigenen und einen Spielraum für Verhandlungen über eine gemeinsame Lösung zu finden.
Zusammenfassung: Das 4-Stufenmodell der Gewaltfreien Kommunikation
Wenn uns etwas nicht gefällt, sagen wir der anderen Person …
1. Was wir beobachten (ohne Bewertung)
2. Wie es uns geht (Gefühl)
3. Was wir brauchen (Bedürfnis)
4. Was der andere tun/sagen kann, unser Bedürfnis zu erfüllen (Wunsch).
Gewaltfreie Kommunikation ermöglicht so, eine neue Qualität des Kontaktes, speziell für die Lösung von Problemsituationen einzusetzen. Konflikte werden auf ihren wirklichen Kern zurückgeführt, auf die Ebene der Bedürfnisse, wo sie dann sehr viel einfacher zu lösen sind.
Wer sich über seine eigenen Gefühle im Klaren ist und eigene Verantwortung dafür übernimmt, kann dem Gegenüber besser verdeutlichen, was ihm wirklich wichtig ist, und wer versteht, was der Andere braucht, kann eine sinnvolle Lösung für einen Konflikt finden. Anstelle von gewohnheitsmäßigen, automatischen und gedankenlosen Reaktionen versuchen wir uns mit dem anderen und mit uns selbst zu verbinden. Es geht dabei um Ehrlichkeit, Klarheit und um eine gegenseitig respektvolle und mitfühlende Aufmerksamkeit.
Um die Unterschiede in der Kommunikation zu verdeutlichen bedient sich die gewaltfreie Kommunikation einer Metapher aus dem Tierreich: sie unterscheidet zwischen der Wolfs- sowie der Giraffensprache bzw. den Wolf- oder Giraffenohren, das Hören betreffend.
Unter Wolfssprache(-ohren) versteht der Begründer der gewaltfreien Kommunikation Marshall B. Rosenberg die Alltagkommunikation mit den Elementen:
-Analyse: z.B.“ Ich glaube, mit Dir stimmt etwas nicht!…“
– Kritik :„So ist das falsch, das musst Du so sehen…“
– Interpretationen:„ Du machst das, weil….“
– Wertungen: „Du bist……eigensinnig, nicht belehrbar etc…“
– Strafandrohungen:„ Wenn du nicht, dann…“
– Sich im Recht fühlen: „Du musst das doch einsehen, daß…..“
Die Wolfssprache(-ohren) führt schnell zu schlechten Gefühlen, ablehnenden Haltungen und Aggression.
Die Giraffensprache (-ohren) hingegenläßt das Herz sprechen.Angriffe, Vorwürfe, und Forderungen werden durch die Giraffensprache (-ohren) in Gefühle und Bedürfnisse übersetzt.
Hier steht im Vordergrund:
– Auf Gefühle zu achten,
– Versuch, die Bedürfnisse des anderen herauszufinden,
– Beobachtung von Bewertung trennen
– Bitten statt Fordern
Die gewaltfreie Kommunikation hat sehr viele Parallelen zur den klientenzentrierten Gesprächsform nach Carl Rogers. Auch im Neuro-Linguistischen Programmieren findet man viele Gemeinsamkeiten mit der Gewaltfreien Kommunikation ( z.B. Pacing. Rapport, Repräsentationssysteme, Meta-Modell der Sprache, Wahrnehmungspositionen 1,2,3).
Das gemeinsame Ziel der gewaltfreien Kommunikation, sowie des NLP besteht darin, eine tragende und akzeptierende Verbindung herzustellen, die auf Empathie und Offenheit basiert und gemeinsame Lösungen ermöglicht.