Die Ziele der Neuropsychotherapie beziehen sich auf die Entwicklung erfolgreicher Mechanismen zur Erhöhung von Konsistenz und Kongruenz. Ziel ist die Reduktion von psychischem Stress. Es wird nach Möglichkeiten gesucht,
den expliziten Funktionsmodus (Präfrontaler Cortex = bewusst) in der Therapie zu nutzen, um im impliziten Modus (Limbisches System = unbewusst) Veränderungen herbeizuführen.
Generelle Fragestellung der Neuropsychotherapie ist:
Wie stelle ich als Therapeut einen problemfreien Kontext sicher (bei Angsterkrankungen = angstfreien Zustand), da sonst die Gefahr der Problemverstärkung durch therapeutische Interventionen besteht.
• Wichtigster Punkt ist die Beziehungsgestaltung, d.h. der Patient muss in der Therapie überwiegend positive Emotionen erleben, um sich zu öffnen und auf die Therapie einzulassen. Durch erhöhte Aufnahmebereitschaft, Ressourcenorientierung, Handlungsfähigkeit, positive Feedbacks aus der gegenwärtigen Realität erlebt der Patient positive Emotionen, die zur Befriedigung seiner Bindungs- und Kontrollbedürfnisse führen und für ihn selbstwerterhöhende Wahrnehmungen ermöglichen. So kann er positive Anregungen für seine wichtigsten motivationalen Ziele finden und Wege entwickeln, Annäherungsziele für die Befriedigung seiner bedürfnisse zu finden.
• Zentrale Frage: Wie bringe ich den Klienten in einen neuronal aufnahmebereiten Zustand? (z.B. bei Angstpatienten vor der Intervention angstfreie Zustände herbeiführen)
• Ziel: Unempfindlicher gegen Verletzungen machen, damit er seine Schutzhaltung aufgeben kann
• Ziel: Konsistenz und Kongruenz erhöhen
• Da Lernen auf der Veränderung synaptischer Übertragungsbereitschaft beruht, besteht das Ziel, diese wirksam und langfristig zu verändern, der Therapeut muss die Führung übernehmen und Geduld haben
• Immer wenn neuronale Erregungsmuster wiederholt auftreten, findet eine Bahnung der Synapsen zwischen den aktivierten Neuronen statt, je mehr dies mit wichtigen motivationalen Zielen gekoppelt ist, desto mehr Ausschüttung von Neurotransmittern z.B. Dopamin, Adrenalin, Oxytozin (körpereig. Opiat) welche verstärkend wirken
• Inkonsistenzspannung reduzieren ( an starken Inkonsistenzspannungen sind immer wichtige motivationale Ziele beteiligt)
• Mit kleinen Problemen beginnen = schnelle Erfolge und hohe Motivation
• Annäherungsziele stärken
• Die Therapie sollte mit den wichtigsten motivationalen Zielen des Klienten (Modell der Welt) übereinstimmen, um die Gefahr von Widerständen zu minimieren
• Nicht nur Probleme beseitigen, sondern Grundlagen für gute psychische Gesundheit schaffen, d.h. hohe Kongruenz = gutes Wohlbefinden = geringeres Risiko psychische Störungen zu entwickeln, hohe Inkongruenz = kognitive Dissonanzen und negative Emotionen müssen verdrängt werden = hohes Risiko psychische Störungen zu entwickeln
• Achtung: Negativ gebahnte neuronale Schaltkreise werden sehr leicht aktiviert (z.B. genervte Stimme des Therapeuten), jede Aktivierung von Problemerfahrungen geht mit erneutem depressiven Erleben einher
• Emotional-motivationale Verarbeitung stabilisieren, Aktivierung verkümmerter Gehirnareale durch Einbeziehung von Möglichkeiten zur positiven Gestaltung realer Lebensbedingungen
• Schwerpunkt der Therapie: Herausbildung neuer Gedanken, Emotionen und Verhaltensweisen (oft wiederholen = neue neuronale Bahnung ausbilden)
• Bezugspersonen mit einbeziehen
• Bewältigungsmanagement als Rückfallprophylaxe (Therapieerfolg absichern und auf andere Kontexte ausdehnen)
Grundlegende Fragestellungen für Wege aus dem Labyrinth eingespielter neuronaler Schaltkreise:
• Impliziter – expliziter Modus? Wo liegt die Grundlage einer psychischen Störung?
• Was ist der Introspektion, Selbstreflexion zugänglich?
• Wie können Bindungsbedürfnisse besser realisiert werden/ interpersonale Probleme abgeschwächt werden?
• Welche korrigierenden realen neuen Erfahrungen können eine neue neuronale Erregungsbereitschaft in der Gegenwart bahnen?
• Wie können Vermeidungsschemata in Annäherungsschemata verändert werden?
• Wie können motivationale Ziele besser realisiert werden?
In der neurobiologischen Forschung konnte nachgewiesen werden, daß nicht nur medikamentöse Behandlung, sondern auch Psychotherapie zu einer messbaren Verbesserung der neuronalen Gehirnfunktionen führt.
Die Neuropsychotherapie (Literaturhinweis: K. Grawe, Hogreve Verlag) bietet allen psychotherapeutisch Arbeitenden wertvolle Hinweise und Erweiterungen zur erlernten Methode, ganz gleich ob ein tiefenpsychologischer, verhaltenstherapeutischer oder klientenzentrierter Ansatz verfolgt wird.