Das Neuro-Linguistische Programmieren bietet vielfältige Techniken, die im Rahmen von Veränderungsprozessen z.B. Training, Coaching, Psychotherapie eingesetzt werden können.
Die Vorannahmen des NLP beruhen im Wesentlichen auf der Humanistischen Psychologie und dem Konstruktivismus.
Im Vordergrund der Veränderungsarbeit steht die Versorgung des Klienten mit Ressourcen zur Lebensbewältigung, Zielerreichung und der Realisierung persönlichen Erfolgs. Jede im NLP-Prozess entwickelte Veränderungsoption wird vor der Umsetzung einem sogenannten Ökologie-Check unterworfen, d.h. es wird abgeprüft ob:
a) alle inneren Persönlichkeitsanteile (innere Strebungen) mit der Veränderung einverstanden (ohne Widerstand) sind (personale Aspekte = Ich-Psychologie)
b) die Konsequenzen in der äußeren Beziehungswelt (Partner, Freunde, Arbeitskollegen, Vorgesetzte etc.) vom Klienten wahrgenommen und akzeptiert werden können ( interpersonelle Aspekte = Wir-Psychologie).
In den meisten NLP-Veröffentlichungen und -Anwendungsbereichen findet man kaum Hinweise auf eine weitere wichtige Ebene menschlichen Seins: die Transzendentale/ Transpersonale Ebene = Seins-Psychologie.
Dies kann neben dem Grund, dass NLP aus seinem Ursprung heraus, vorwiegend die persönliche Erfolgsorientierung und Durchsetzungsfähigkeit zum Fokus hat, auch an der aktuellen Ausrichtung der Gesellschaft liegen, die ihre Wertschätzung in hohem Maß auf die Leistungskraft und Haben-Orientierung des Ichs setzt.
Altruistische Grundhaltungen, spirituelle Verbundenheit werden zwar in unserer Gesellschaft erwähnt, wenige jedoch sind bereit, sich mit diesem inneren Bedürfnis tiefer auseinanderzusetzen und diesen Erkenntnissen im Kontakt zu sich selbst und in Beziehungen anderen Menschen gegenüber Raum zu geben.
Das mag unter anderem daran liegen, dass die heutige Wissenschaft, welche hauptsächlich wirtschaftlich orientiert ist, auf einer überwiegend materialistisch orientierten Weltanschauung beruht. Im Erwachsen-Werden, dem sog. Lebenskampf, stellt sich für viele Menschen das Erfordernis, die einseitige Ausbildung der Kräfte und Fertigkeiten zur persönlichen Ich-Stärkung in Form von Durchsetzung und Lebensbehauptung in dem Mittelpunkt ihres Seins zu stellen.
Diese Fähigkeit, in der Welt zu bestehen – sich durchzusetzen, scheint in Widerspruch zu Aspekten und Bemühungen zu stehen, die für eine transzendentale/spirituelle Entwicklung (Seins-Psychologie) erforderlich sind. So geschieht es, dass vielen Menschen nach und nach im alltäglichen Lebenskampf die ursprüngliche überweltliche Ur-Verbundenheit verloren geht.
Vergessen wird dabei, dass die materialistische Weltanschauung auch nur eine von vielen möglichenHypothesen ist, und dass nahezu alle großen Denkrichtungen der vorindustriellen Ära darin übereinstimmten, dass die materielle Welt, die wir wahrnehmen, nicht die einzige Wirklichkeit sei.
Die Krise der aktuellen globalen Situation ist, genauso wie die subjektive Leidenssituation eines Einzelnen, nicht nur wirtschaftlicher, technischer Art, sondern auch seelisch-geistiger Natur. Viele Ursachen liegen in der Persönlichkeit und spiegeln den Stand der Bewusstseinsentwicklung (z.B. Habgier und Gewalt) wider.
Die folgenden Ausführungen, basierend auf den Erkenntnissen des Begründers der Initiatischen Leibtherapie Karlfried Graf von Dürckheim, sind als Gedankenanregung und Hilfestellung gedacht, um das menschliche Leben als nie endende Auseinandersetzung zwischen dem Welt-Ich und einer überweltlichen Lebensform wahrnehmen zu können und die Annäherung beider „Realitäten“ als lebenslangen menschlichen Reifungs- und Werdeprozess zu verstehen.
Die Not vieler Menschen in der heutigen Zeit resultiert laut Dürckheim aus einer einseitigen Verankerung in der Faktenwelt. Der in seinem Welt-Ich Gefangene macht vom reibungslosen Funktionieren sein ausschließliches Heil abhängig. Zu seiner rational nicht fassbaren Tiefenperson, seiner Urheimat, hat er im Rahmen einer Entfremdung den Kontakt verloren und es besteht die Gefahr, dass er an seinem Wesen vorbeilebt. Diese Begrenztheit kann zur Ursache von Angst, Verzweiflung und Sinnlosigkeit werden, wenn die Kompensationsmöglichkeiten der Haben-Orientierung im materiellen Welt-Ich nicht mehr funktionieren.
In diesem Sinne kann unterschieden werden in zweierlei Leid, zweierlei Wissen, zweierlei Glück und zweierlei Heilsein.
- Leid 1 = der Welt sich nicht gewachsen fühlen, fehlende Bewältigungsstrategien
Leid 2 = die Getrenntheit vom Wesenskern, Verlorenheit im Leben (Nicht-Einssein) - Wissen 1 = gegenständliches Bewusstsein zur Beherrschung der Welt
Wissen 2 = überzeitliches Wissen, Urwissen um das Wesen und den Weg - Glück 1 = materieller Erfolg gelingt, die Lebensziele werden erreicht
Glück 2 = in Kontakt sein mit seinem überweltlichen Wesen - Heilsein 1 = Unversehrtheit und Funktionstüchtigkeit in der Welt
Heilsein 2 = sich in seinem Wesen erfahren, eingebunden in eine überweltliche Kraft und Ordnung
Schon Platon verwies in seinem Höhlengleichnis auf die illusionäre Natur der materiellen Welt. Wie die Welle mit dem Meer, das Blatt mit dem Baum verbunden ist, so kann man auch den Menschen als Bürger zweier Welten sehen. Mancher muss sich erst verrennen und in seiner einseitigen Ego-Zentrierung erschöpfen, bis er zum Einlenken reif und bereit ist. So kann die Lebenskrise zum Impuls werden, die Sehnsucht zur ursprünglichen Einheit wieder erwachen zu lassen und dem Wunsch Raum zu geben, die Grenzen der Ich-Welt zu sprengen (Krise als Chance).
Bei Problemstellungen, die aufgrund einer ausschließlich materialistischen Weltanschauung entstanden sind, macht es durchaus Sinn, um eine umfassend wirksame Veränderung und Lösung herbeizuführen, die Fähigkeit des Menschen, sich einem „Höheren“ öffnen zu können in die Veränderungsarbeit einzubeziehen. Das weltbezogen materialistische Ich-Gebäude kann im Laufe eines Lebensweges (speziell in der 2. Lebenshälfte) nur schwerlich völlig losgelöst von den überweltlichen Seinswurzeln des Menschen aufrecht erhalten werden.
Die Lösung kann darin bestehen, in einer reifenden Innewerdung, eingebunden in einer kosmischen Ordnung, in Verbindung mit dem Wesenskern dieses unbegreifbare Andere unseres Seins als Gestaltungskraft in den eigenen Lebensentwurf zu übertragen und somit, in der materiellen Welt bezeugend, mehr und mehr die eigene Bestimmung zu leben. Allerdings ist es wichtig, in diesem Zusammenhang auf die Gefahr hinzuweisen, dass es für manche Menschen verführerisch ist, aus einer Fluchttendenz heraus, in religiöse Phantasiewelten abzudriften, weil das irdische Leben nicht mehr bewältigbar scheint.
Beispielhaft ist die Notwendigkeit, auch im Bereich spiritueller Arbeit, die körperliche Existenz im Hier und Jetzt nicht zu vernachlässigen in einem Zitat Martin Bubers ausgedrückt:
„Ein Mensch kann sich dem Göttlichen nicht nähern, indem er über das Menschliche hinausgeht. Er kann es erreichen, wenn er menschlich wird“.
Hieraus kann man den doppelten Auftrag des Menschen verdeutlichen: Die Welt verantwortlich zu gestalten im Werk und zu reifen auf dem inneren Weg. Durch das Bejahen beider Dimensionen, der irdischen sowie der transzendenten, besteht eine Möglichkeit an der Gestaltung der Besten aller möglichen Welten mitzuwirken, indem der Kontakt zu einem höheren Aspekt des menschlichen Seins möglich wird, und hieraus die Fähigkeit wächst, sich einer höheren Führung, über das Weltlich-Materielle hinaus, anzuvertrauen.
In diesem Sinne ist es durchaus erwägenswert, NLP und Spiritualität in einer systemisch komplexen Veränderungsarbeit (in Training, Coaching und Psychotherapie), zusätzlich zur persönlichen Erfolgssteigerung und Zielerreichung, zu verbinden, um bestimmte Fragestellungen und Herausforderungen des Lebens ganzheitlicher anzugehen und tragfähige Möglichkeiten für neue Lösungswege zu finden.