In der psychologischen Literatur sind verschiedenen Auffassungen über menschliche Grundbedürfnisse zu finden. In der folgenden Darstellung soll die Betrachtung sehr stark im Nervensystem verankerter Bedürfnisse im

Vordergrund stehen. Das sind:

•    das Bindungsbedürfnis
•    das Kontrollbedürfnis (Konsistenz, Kongruenz)
•    das Bedürfnis zur Lustbefriedigung
•    das Bedürfnis zur Selbstwerterhöhung

Der Mensch bildet ein gut/schlecht Bewertungssystem als Hilfsmittel, um die Erfüllung dieser Grundbedürfnisse zu sichern und verbindet diese mit Verhaltensausrichtungen von:

a)    Annäherungszielen
b)    Vermeidungszielen

Diese Ausrichtungen werden auch als motivationale Schemata bezeichnet. Wenn in der neuronalen Verarbeitung hinsichtlich der Bedürfniserfüllung Konflikte auftauchen, kommt es zu psychischen Stress (Inkonsistenzspannung =Unvereinbarkeit gleichzeitig ablaufender psychischer Prozesse führen zu unlösbarer Konfliktsituation).

Beispiel aus dem Tierbereich (Pawlov):

a) Hund bekam Futter, wenn ein Kreis gezeigt wurde (Erregung, Speichel)

b) Hund bekam kein Futter, wenn eine Ellipse gezeigt wurde

c) Hund lernte, auf beides unterschiedlich zu reagieren

d) Kreis und Ellipse wurden angenähert, bis nicht mehr unterscheidbar

e) Folge: Uneindeutigkeit = Ambivalenz = gleichzeitige Aktivierung verschiedener
Gedächtnisinhalte und Reaktionstendenzen = Konflikt = Stress u. Anspannung =
Hund wusste nicht mehr zu reagieren = gequältes Verhalten (Experimentelle
Neurose)

Neuronale Mechanismen zur Konsistenzsicherung sollen Chaos vermeiden,  z.B. durch die  Hemmung von neuronalen Signalen im Präfrontalen Cortex = exlipziter Verarbeitungsmodus (z.B. Abwehrmechanismen, kognitive Strukturierung, Annäherungs-, Vermeidungsverhalten). In den bewussten Arbeitsspeicher gelangt nur, was vereinbar ist. Dort wird es dem Bewusstsein zugänglich.

Konflikthafte ( momentan nicht bewusstseinfähige) Wahrnehmungen werden unterdrückt, gehemmt, abgeblockt = kommen nicht ins Bewusstsein, bleiben im impliziten Verarbeitungsmodus = limbischen System (z.B. eine Führungskraft leitet eine Teambesprechung, obwohl er gerade erfahren hat, daß seine Aktien an der Börse abgestürzt sind). Ohne diese Fähigkeit würden Menschen impulsgesteuert sprunghaft dies, dann jenes tun (was gerade durch die jeweilige Situation aktiviert wird). Beim psychisch Kranken funktioniert das  z.B. nicht mehr.

Vorübergehende Verdrängung kann erst einmal die psychische Funktionsfähigkeit erhalten (= nützliche Konsistenzsicherung). Andererseits: Für den Menschen bedrohliche Wahrnehmungen werden verdrängt – die Amygdala feuert jedoch weiter (unbewusst = implizit) – die Signale erreichen nicht den Arbeitsspeicher (Präfrontaler Cortex = bewusst = explizit) – die Amygdala hat jedoch viele andere Verbindungen, die vom Arbeitsspeicher nicht blockiert werden können z.B. autonomes (Vegetatives Nervensystem) = Blutdruckanstieg, Herzschlag schneller, Adrenalinanstieg, Cortisolanstieg.

Folge: Dissoziation der im expliziten und impliziten Funktionsmodus ablaufenden Prozesse = nicht mehr aufeinander abgestimmt. Wenn diese bedrohlichen Signale nicht nur vorübergehend sind, kommt es durch die andauernde Aktivierung des neuronalen Angstschaltkreises zu der Entstehung von Angst- u. Zwangsstörungen.

Bei der Posttraumatischen Belastungsstörung ist die Unterdrückung der traumatischen Erfahrungen vom Bewusstsein = Dissoziation der Abspeicherung im expliziten und impliziten Gedächtnis Hauptmerkmal der Störung. Längere Verdrängung bedrohlicher Inhalte führen zu einer dauerhaften Erhöhung des Inkonsistenzniveaus (Verfestigung durch synaptische Bahnung) = Ausbildung eines pathologischen Störungsbildes.

Psychische Funktionalität

Streben nach Konsistenz ist ein menschliches Grundbedürfnis. Unter konsistent im Sinne der Neuropsychotherapie versteht man die Übereinstimmung/Vereinbarkeit gleichzeitig ablaufender neuronaler Prozesse.

Die Konsistenzmechanismen im Rahmen der Konsistenzregulierung haben in der Psychologie unterschiedliche Begriffe ( z.B. Abwehrmechanismen = Tiefenpsychologie, Copingstrategien = Verhaltenstherapie). Je mehr das Streben nach Konsistenz mit der subjektiv empfundenen Bedürfnisbefriedigung sich deckt, desto mehr Kongruenz (Übereinstimmung zwischen aktuellen motivationalen Zielen und realen Wahrnehmungen) empfindet der Mensch.

Zur Befriedigung der subjektiven Bedürfnisse werden von Betroffenen annähernde sowie vermeidende motivationale Schemata eingesetzt (je nach Präge-Erfahrung). Stark ausgeprägte Vermeidungsschemata haben eine starke Tendenz, später im Leben den Weg zur positiven Bedürfnisbefriedigung zu erschweren. Ein hohes Inkongruenzniveau führt zu einem erhöhten Pegel negativer Emotionen = chronisch komplexer Stresszustand im impliziten Modus (Limbischem System). Diese Emotionen werden dann im expliziten Modus (Präfrontaler Cortex) als z.B. Angst, Trauer, Wut etc. geäußert. Diese führen über schlechte physische und psychische Zustände zu funktionellen Veränderungen im Gehirn.

Verstärkender Kreislauf:
Inkonsistenz = bildet neuronale Erregungsmuster, wenn chronisch = Veränderung gehirnphysiologischer Prozesse = Symptombildung = diese führt zu weiteren Verletzungen von Grundbedürfnissen: Kontrolle, Lustgewinn, Selbstwerterhöhung = dies führt zu weiterer Inkonsistenzverstärkung = Folge: Herausbildung weiterer ungünstiger Mechanismen zur Regulierung der Inkonsistenz = führen zur Ausbildung weiterer Symptome (Komorbidität).

Besondere Tragik:
Früher durch ungünstige genetische oder familiäre Konstellationen geprägte Benachteiligungen (verfestigte Störungsmuster) werden durch den Betroffenen in das berufliche und private Heute durch ungünstige Verhaltensweisen hineingetragen (mit eigenem Verhalten unbewusst provoziert), weil wenig situationsangemessene Mittel zur Realisierung eigner Bedürfnisse existieren. (Literaturhinweis: Neuropsychotherapie, K. Grawe, Hogreve Verlag)

Neuronale Plastizität

Gute Botschaft: Des Gehirns hat eine große Anpassungsbereitschaft. Es ist in der Lage, bis ins hohe Alter neue neuronale Strukturen auszubilden.

Voraussetzungen für neuronale Neubahnungen:

  • hohe Intensität der Erfahrung mit hoher emotionaler Beteiligung
  • entsprechende wiederkehrende Einflüsse, die immer wieder dieselben Synapsen aktivieren und zu erhöhter Übertragungsbereitschaft und strukturellen Veränderungen in den betreffenden Gehirnarealen führen
  • Bei Nichtaktivierung erfolgt Schwächung und Rückbildung

Diese Erkenntnis sollte Mut machen, sich lebenslang Lernprozessen gegenüber offen zu verhalten. Jeder Mensch kann auch in psychischer Hinsicht umlernen, ganz gleich, welche prägenden Erfahrungen er in seiner Kindheit (Bindungsbedürfnis) erleiden musste. Wichtig ist es, diese Eigenverantwortung zu erkennen und zu übernehmen.

Im NLP, welches auf dem Konstruktivismus basiert, geht man davon aus, daß jeder Mensch sein subjektives Modell der Welt erschafft. Förderliche Weltmodelle setzen Ressourcen und Motivation für Leben frei.