Jeder Mensch prägt im Laufe seines Lebens sein individuelles Lebenskonzept. Da alle Konzepte nur aufgrund von Wirklichkeits-Reduktions- und Selektionsprozessen erfolgen können, sonst wären es ja keine Konzepte sondern die Wirklichkeit selbst, ist eine gewisse Unvollständigkeit naturgegeben.

Folge davon ist, dass jedes Lebenskonzept irgendwann einmal im Leben an Grenzen stößt und der Betreffende sich mit Herausforderungen konfrontiert sieht, für die in seinen bisherigen Verhaltensmustern noch keine Referenzerfahrungen vorliegen. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die äußerlichen Lebensbedingungen sich gravierend ändern, und die neuen Anforderungen nicht mehr lösbar scheinen.

Zu diesem Zeitpunkt, nehmen Menschen häufig Untersützung in Form eines Coachings in Anspruch, um durch die externe Hilfe eines professionllen Coaches neue Blickwinkel sowie auch Reaktions- und Lösungsmöglichkeiten zu entwickeln. Ist die vorliegende Problematik so gravierend und belastend, dass psychische Symptome wie z.B. Depressionen, Ängste, psychosomatische Beschwerden dazukommen, wird in der Regel eine Psychotherapie anzuraten sein. Siehe hierzu auch Gemeinsamkeiten und Unterschiede von Coaching und Psychotherapie.

Bei der professionellen Begleitung von Rat- und Hilfesuchende ist zu beachten, dass der Betroffene einerseits Unterstützung für die notwendigen Veränderungsprozesse sucht, andererseits jedoch auch (zumindest unbewusst) an seinen bisherigen Konzepten gern festhält. Hieraus resultiert der bekannte Therapeutenspruch hinsichtlich der Widerstände von Klienten/Patienten: „ Wasch mich, aber mach mich nicht naß“.

Es geht bei der psychischen Unterstützung von Menschen eben nicht nur um reine Vermittlung von Veränderungstechniken. Veränderungsschritte können auch verunsichern, einfach deshalb, weil das alte Verhalten, auch wenn es nicht mehr lösungsorientiert ist, dem Betreffenden zumindest ein Gefühl von Bekanntheit / Vertrautheit / Berechenbarkeit vermittelt.

Veränderung muss daher immer an dem alten Konzept/Verhalten andocken und in gewisser Weise damit kompatibel sein.

Die Basis von Veränderungsprozessen im Bereich Coaching/Psychotherapie beruht somit immer auf einer tragfähigen Beziehung zwischen Klient und professionellem Helfer, die die notwendige Sicherheit für Schritte in das neue Verhaltens- oder Lebenskonzept bestmöglich unterstützt.

Um zu verhindern, dass der Veränderungs-Prozess zäh wird oder sich im Kreis dreht, sind folgende Gedanken im Rahmen einer Prozesssteuerung für einen erfolgreichen Coaching-/Therapieverlauf hilfreich:

Der Coach/Therapeut sollte grundsätzlich die Fähigkeit besitzen, sich auf einen anderen Menschen einzulassen. Eine tragfähige Gestaltung der Beziehung zwischen Klient und Coach/Therapeut braucht zwingend eine gute Vertrauenbasis, damit der Klient sich ohne Selbstzensur öffnen kann.

Ein Arsenal an Interventionstechniken reicht nicht aus, wenn die Beziehungsebene unausgeglichen ist. Technik kann nicht die fehlende  Beziehungsorientierung ersetzen. Ohne vertrauensvolle Beziehung bleibt die gemeinsame Arbeit immer an der Oberfläche, die Wirkkraft und Nachhaltigkeit des erreichten Ergebnisses zweifelhaft.

Die Gefahr, aneinander vorbei zu reden wird minimiert, wenn der Coach/Therapeut den Klienten dort abholen kann, wo der Klient steht (in seiner Welt). Fragetechniken helfen, diese Welt des Anderen zu erkunden. Eine mangelnde Passung zwischen Klient und Coach bedingt Fehler des Coaches, die sich aufsummieren können und Mißverständnissen unnötig Raum geben.

Der Coach/Therapeut sollte über verschiedene Interventionsansätze verfügen, um nicht den Klienten auf die Technik anzupassen; wenn man nur einen Hammer hat, sieht jedes Problem schnell wie ein Nagel aus.

Weitere Tipps zur Gestaltung der Strukturierung von Coaching und Therapie:

  • ausreichende Vorbereitung auf jede Sitzung
  • Themen aus der vorigen Sitzung vergegenwärtigen
  • klare Zielklärung und Zielorientierung in der Vorgehensweise
  • keine Kumpanei, Parteinahme, Schuldzuweisungen eingehen, um die Unabhängigkeit als Coach/Therapeut zu behalten
  • Prozessorientierung aus der Metaposition verhindert die inhaltliche Vereinnahmung durch den Klienten
  • von Einzelbeispielen immer auf die Strukturebene führen, um Muster zu erkennen (z.B. Problem hinter dem Problem, Ziel hinter dem Ziel)
  • das Gespür für die Belastbarkeit der Beziehung hinsichtlich einzelner Interventionen
  • den richtigen Zeitpunkt und die Dosierung für die Interventionsschritte zu erkennen
  • das für die Veränderung Wesentliche im Blick behalten
  • kritische Themen sowie Vermeidungsverhalten ohne Konfliktscheue hinterfragen
  • verbindliche Hausaufgaben mit dem Klienten vereinbaren und überprüfen.

Jeder Coach/Therapeut wird zumindest am Beginn seiner Tätigkeit auch Lernerfahrungen durch Fehler machen, das ist in jedem Berufszweig so. Aus diesem Grund ist speziell Berufsanfängern eine kontinuierliche Supervision anzuraten.