Die Methode NLP hat sich seit ihrer Entwicklung in den 70-er Jahren durch Bandler und Grinder weltweit im Bereich von Training, Coaching, Psychotherapie und Persönlichkeitsentwicklung durchgesetzt.

Parallel dazu hat sich neben den euphorischen Stellungnahmen zum NLP auch eine kritisch-distanzierte Haltung etabliert.

Im Wesentlichen sind dies die Vorwürfe, daß das NLP

  • ein psychologischer Werkzeugkasten sei, dem es an Fundierung,bzw. Einordnung in einen verbindlichen Bezug eines theoretischenSystems fehle
  • die Betrachtung des Menschen aus einem technischen Blickwinkel = programmieren erfolge
  • durch ein oberflächliches psychologisches Scheinwissen dazu führe, daß in Selbstüberschätzung unrealistische Vorstellungen
  • gefördert würden, sich selbst und Andere mit erlernten Tricks zu steuern
  • aufgrund seiner Anwendungs-Formate Menschen anziehe, die ein hohes Manipulations- und Kontrollbedürfnis und wenig Interesse an echten Bziehungen hätten
  • von Mitgliedern der Scientology Bewegung genutzt werde
  • seit seiner Entwicklung keine nennenswerten Weiterentwicklungen aufzuweisen hätte.

Das Kürzel NLP ist nicht geschützt. NLP wird in vielen Kontexten eingesetzt, diese reichen von Motivations-Massenveranstaltungen einzelner Anbieter bis zu qualifizierten Weiterbildungen im Rahmen von Curricula verschiedener nationaler und internationaler NLP-Verbände. Daher sind entsprechend vielfältig unterschiedliche Erfahrungen im Bereich des NLP durchaus möglich.

Der grundlegende Gedanke des NLP beruht hauptsächlich auf Aussagen der humanistischen Psychologie, des Pragmatismus und der Philosophie des Konstruktivismus. Im Vordergrund der NLP-Vorgehensweise steht die Ressourcenversorgung des Klienten sowie die Schaffung von Verhaltensvariabilität, um den Lebensherausforderungen flexibel zu begegnen.

Weitere ethisch-moralische Leitlinien sind im NLP nicht zwingend gegeben. Jeder Veranstalter, Trainer, Coach, Therapeut kann somit seine eigene Lebensphilosophie einbringen und seine Form des NLP kreieren.

Man findet teilweise Anbieter im NLP-Bereich, die sich aufgrund fehlender fundierter Ausbildung und mangelnder Lebens- und Berufserfahrung eine eher simplizistische Arbeitsweise angeeignet haben. Das mag in manchen Fällen aufgrund pragmatischer Themen- und Fragestellungen im Einzelfall sogar manchmal lösungsorientiert sein, in vielen Fällen jedoch wäre es wünschenswert, daß Menschen, die im Bereich von Training, Coaching, Therapie professionell arbeiten, in der Lage sind, die NLP-Arbeit in komplexere Denk- und Vorgehensweisen, basierend auf Erkenntnissen der Philosophie, der Psychologie, der Soziologie sowie auch der Theologie einzubetten. Die NLP-Kritik ist somit teilweise nachvollziehbar. Allerdings entsteht manchmal dabei der Eindruck, daß die Methode NLP in Form übergeneralisierter Bewertungen bewusst mit ausgesuchten Negativbeispielen in Verbindung gebracht wird. Bei manchen „kritischen“ Darstellungen stellt sich die Frage, was den Verfasser bewogen haben könnte, eine bestimmte Negativauswahl zu favorisieren bzw.  zu überzeichnen, und Pro-Argumente weitgehend zu ignorieren. Hierdurch fehlt die Ausgewogenheit, die eine kritische Betrachtung und Abwägung eigentlich haben sollte.

Eine dogmatisch einseitige Darstellung ist keine Form der fairen Auseinandersetzung und dient nicht einer differenzierten Meinungsbildung. Aus der Vergangenheit ist bekannt, wie die verschiedenen Therapierichtungen z.B. klassische Psychoanalyse und Verhaltenstherapie über viele Jahrzehnte versucht haben, sich gegenseitig zu diffamieren. Ein trauriges Bild für Personen und Institutionen, die für sich den Anspruch haben, in der Arbeit mit Lebensbewältigung und Problemlösung Professionalität zu haben.

Erfreulicherweise gibt es zahllose Beispiele z.B. im Bereich der Personalentwicklung, der Pädagogik, der Psychotherapie in denen aufgezeigt wird, wie die Methode NLP seit nun über 30 Jahren weltweit einen ernstzunehmenden und wertvollen Beitrag leistet.

NLP-Techniken sind wesentlicher Bestandteil in vielen Coachingausbildungen geworden, in Österreich wurde im Jahr 2007 die Neuro-Linguistische Psychotherapie (NLPt) als kassenzugelassenen Psychotherapiemethode anerkannt, im nlpaed e.V. arbeiten Lehrer, Erziehen und Sozialpädagogen zusammen, um die NLP-Erkenntnisse Schulen, Kindergärten und öffentlichen Einrichtungen zur Verfügung zu stellen.

Um über die Methode NLP fundierte Aussagen machen zu können, sollten die verschiedenen Anwendungsbereiche in Training, Coaching, Pädagogik und Psychotherapie sowie die Ausrichtung der unterschiedlichen Anwender differenziert in die NLP-Beurteilung einfliessen.

Von einem NLP-Anbieter im Bereich von z.B. Business-Coaching sollte man erwarten können, daß er neben einer fundierten Coachingausbildung auch eine entsprechende praktische Erfahrung im Business nachweisen kann.

Ein NLP-Therapeut sollte, neben seiner NLP-Ausbildung, über die staatliche Erlaubnis zur Psychotherapie (Aprobation oder Heilpraktikererlaubnis für Psychotherapie), eine umfassende psychotherapeutische Selbsterfahrung sowie eine NLP übergreifende Methodenkenntnis verfügen und sich um kontinuierliche Weiterbildung auch in anderen Psychotherapiemethoden bemühen.

In den Curricula des Deutschen Verbandes für NLP (DVNLP) und der International Association of NLP (IN) sind diese Voraussetzungen zwingend für die Zertifizierung einer entsprechenden Ausbildung. Weitere Infos zum Thema unter Curricula DVNLPt.

Grundgedanken zu einer differenzierten NLP Anwendung am Beispiel von Coaching und Psychotherapie

Im Rahmen von Coaching sowie auch Psychotherapie liegt der Fokus auf Ressourcenaktivierung und Lebensbewältigung, um Blockaden bzw. Symptome aufzulösen.

Aufgabenstellung der Interventionen ist, den Klienten/Patienten dabei zu unterstützen, ein tragfähiges Bezugs- und Bedeutungssystem zu entwickeln sowie Handlungs- und Gestaltungsspielräume zu schaffen.

Die zentrale Frage in der Veränderungsarbeit ist: Was gibt Orientierung und Sinn für Handlung. Allerdings sind verschiedene Interventionsebenen zu berücksichtigen. So kann z.B. eine Intervention auf der Sachebene = kontextbezogener Inhaltsaspekt sinnvoll sein. Meist handelt es sich bei menschlichen Problemstellungen jedoch um Rollen- und Verhaltensmuster = kontextübergreifende Phänomene. Wenn diese Muster zur Charakterstruktur geworden sind bewegt man sich auf der Persönlichkeitsebene = Identität. Alle diese 3 Ebenen haben gleichwohl einen gemeinsamen Nenner: Es handelt sich um den Ich-Bezug eines Menschen. In der Regel wird es Sinn machen, im Coaching sowie in der Psychotherapie auch die interpersonellen Aspekte als weitere Ebene mit einzubeziehen = Wir-Bezug und Beziehungsgestaltung.

In manchen Fällen erfordert die Veränderungsarbeit die Einbeziehung einer transzendentalen/spirituellen Ebene = Seins Bezug.

Je nach Aufgabenstellung sollte der Coach/Therapeut in der Lage sein, entsprechend der Komplexität des Problems dem Klienten/Patienten auf allen Ebenen Möglichkeiten zur Veränderung aufzuzeigen.

NLP-Therapie in Bezug auf verschiedene anerkannte Psychotherapieverfahren

Die folgende Aufzählung soll einen groben Überblick hinsichtlich bekannter Methoden geben, die zur Zeit in der Veränderungsarbeit eingesetzt werden.

Die tiefenpsychologisch orientierte Vorgehensweise (basierend auf der klassischen Psychanalyse nach Sigmund Freud) wird, entsprechend ihres Störungsmodells, aufgrund von ES – Ich – Über-Ich Konflikten und daraus resultierender überhöhter Abwehrmechanismen die verdrängten Trieb- und Beziehungskonflikte sowie das Entwicklungsdefizit in den Fokus der Therapie stellen. Durch Regression in frühere Lebensabschnitte (speziell Kindheit), das Aktivieren von Übertragungsphänomenen im therapeutischen Setting, sowie die Durcharbeitung und Klärung aus dem Erwachsenen-Ich, wird versucht verdrängte, unbewusst gewordene Problemkonstellationen aufzulösen und in das bewusste Leben im jetzt zu integrieren.

Die kognitive Verhaltenstherapie (basierend auf der Lerntheorie) bezieht sich auf sieben Dimensionen menschlichen Seins, die sich gegenseitig bedingen. Diese Dimensionen werden mit BASIC ID abgekürzt:

B = behavior = Das Verhaltensrepertoire eines Menschen

A = affects = Das ganze Spektrum der Gefühle

S = sensations = Sinnesempfindungen, Körperwahrnehmung

I = images = Bildhaftes Vorstellen und Verarbeiten des Menschen

C = cognitions = Gedanken, Glaubenssätze

I = interactions/interpersonal = Rollenübernahme, Beziehungen, Soziale Kompetenz

D = drugs/biology = (Drogen – Lebensstil, Ernährung, Sport, Medikamente).

Durch den Einsatz von z.B. Entspannungs- und Imaginationstechniken,  Konfrontationstechniken, Verhaltensexerimenten, Rollenspielen, Modellierung, klassischer und operanter Konditionierung sowie kognitiver Umstrukturierung dysfunktionaler Gedanken versucht der Verhaltenstherapeut dem Klienten/Patienten Bewältigungsstrategien (Coping) zu vermitteln, daß dieser in Zukunft eigenständig die Lebensherausforderungen meistern kann.

Die klientenzentrierte Gesprächpsychotherapie/humanistische Psychologie (Rogers, Maslow) versuchet, dem Klienten, der sich aufgrund negativer Lebens-/Bindungserfahrungen und daraus resultierender übermäßiger Anpassung zu sehr von seinem „wahren“ Selbst entfremdet hat, durch Akzeptanz, Wertschätzung und Klärung emotionaler Hintergründe, Wege aus der Überanpassung ( = fremdes Selbst) aufzuzeigen und somit seine Selbstverwirklichung zu unterstützen. Im Rahmen dieser humanistischen Denkweise sind heute weltweit hunderte unterschiedlicher Methoden zu finden.

Die körperorientierten Psychotherapieverfahren ( basierend auf Lowen, Boysen) gehen von der Erkenntnis aus, daß unterdrückte Gefühle verkörpert werden. In der Therapie erfolgt durch körperliches Ausagieren eine Katharsis (gefühlsmäßige Erschütterung mit dem Ziel der Reinigung), die zu einer Lockerung des Körperpanzers führt, festgehaltene Gefühle in Fluss bringt und somit Energieblockaden auflöst.

Die transpersonale Psychotherapie ( C.G Jung, Dürckheim, Grov, Fankl) basiert auf der Erkenntnis, daß Störungen und Symptome ihren Ursprung darin haben, daß der Mensch sich in der einseitigen Ausbildung seines Welt- und Funktions-Ichs von seinem Wesenskern entfernt hat. Diese einseitige Verankerung in der Verweltlichung seines grundlegenden Daseinsgefühls ( Fakten-Welt) führt zur Entfremdung von seiner rational nicht mehr erfassbaren „Tiefenperson“ und wird im Rahmen einer Entpersönlichung zur Leid bringenden Begrenztheit im Sein (Angst, Verzweiflung, Sinnlosigkeit).

Die Lösung/Veränderung wird durch eine Rückverbindung in Form einer reifenden Innewerdung, eingebunden in einer kosmischen Ordnung gesucht, damit der Wesenskern des Menschen sich als Gestaltungskraft in der materiellen Welt bezeugen kann und die Person somit ihre eigene Bestimmung im Leben findet.

Die Neuro-Linguistische Psychotherapie (NLPt) zeigt sehr viele Parallelen zur kognitiven Verhaltenstherapie ( z.B. Umkonditionierung, Entspannungstechniken, Imaginationstechniken, Sokratischer Dialog, Rollenspiele, kognitive Umstrukturierung, Ziele- und Strategiearbeit, Modellierung).

Es finden sich jedoch auch tiefenpsychologische Elemente (Biografische Arbeit, Konzept des Unbewussten, Teilemetaphorik) sowie Anklänge an die klientenzentrierte Gesprächspsychotherapie (Pacing, Rapport, Fragetechniken).

Speziell die Erkenntnisse der Neuropsychotherapie nach Grawe, resultierend aus den wissenschaftlichen Forschungen im Bereich Neurologie und Psychotherapie, bestätigen viele Grundannahmen und Vorgehensweisen der NLPt.

Die Neuro-Linguistische Psychotherapie (NLPt) entwickelt sich, im Rahmen einzelner Interventionstechniken wie z.B der Zeitlinienarbeit (Timeline-Therapy), der systemischen Aufstellungsarbeit, der Arbeit mit Glaubenssätzen, der Modellierungsarbeit, der Ziele-, Werte- und Strategiearbeit unter Berücksichtigung und Einbeziehung anderer Therapierichtungen seit seiner Entwicklung ständig weiter.

NLP ist aus der Modellierung erfolgreicher Vorgehensweisen in der Veränderungsarbeit mit Menschen hervorgegangen, und engagierte NLP-Verbände und NLP-Anwender setzen sich dafür ein, ein immer größeres Spektrum an Anwendungsmöglichkeiten zu schaffen.

Autor: Bernhard Tille, Institut für Kommunikation und Gesundheit Bernhard Tille, 61350 Bad Homburg, Tel 06172-689992.