Laut dem Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) haben Angsterkrankungen und depressive Erkrankungen in Deutschland 2011stark zugenommen.

Ein aktueller Zeitungsartikel des Rhein-Main Extra-Tipps erwähnt dazu,dass im Main-Taunus-Kreis zur Zeit die vorhandenen Behandlungsplätze und Stationsbetten der psychiatrischen Klinik nicht mehr ausreichen; die Wartelisten denmach immer länger werden.

Es stellt sich die Frage, welche Hintergründe zu dieser dramtischen Entwicklung führen.

In der folgenden Betrachtung sollen speziell die Aspekte der Entwicklung von Depressionen dargestellt werden.

Im ersten Schritt ist es für ein Verständnis der depressiven Entwicklung wichtig, die verschiedenen Ursachen von Depressionen zu differenzieren.

Die Medizin unterscheidet folgende Ursachen depressiven Geschehens:

  • a)    Körperlich begründete Depressionen. Hierunter sind depressive Begleiterscheinungen körperlicher Erkrankungen zu verstehen (z.B. Wochenbettdepressionen nach der Geburt aufgrund hormoneller Veränderungen, genauso aber auch z.B. verursacht durch Stoffwechseltoxine bei einer Krebserkankung etc.).
  • b)    Sogenannte endogene Depressionen aufgrund Neurotransmitterproblematik (den Gehirnstoffwechsel betreffend) = ca. 1 % der Bevölkerung sind hiervon betroffen. Die Ursachen werden hier primär genetisch und biologisch begründet.
  • c)    Depressionen aufgrund rein psychischer Belastungsthemen (sog. psychogene Depressionen):
    Neurotische Depression mit biografischer Auffälligkeit über mehrere Jahre sowie die reaktiven Depressionen aufgrund einzelner aktueller Auslöser bzw. gravierender Lebensveränderungen.
  • d)    Depressive Symptome im Rahmen anderer psychischer Erkrankungen wie z.B. Angststörungen, Zwangserkrankungen, Burn-Out etc.

Der vorgenannte immense Anstieg depressiver Erkrankungen, der zu den aktuellen klinischen Versorgungsengpässen führt, wird vor allem auf die in den letzten Jahren extrem verschärften beruflichen aber auch privaten nicht lösbar scheinenden Problemkonstellationen (Ursachen c und d) zurückgeführt.

Im Main-Taunus-Kreis als einer der einkommensstärksten Regionen in Deutschland zeigt sich die depressive Symptomatik  laut diesem aktuellen Zeitungsartikel besonders bei Männern ab dem 30. Lebensjahr, die sich den alltäglichen Anforderungen nicht mehr gewachsen fühlen. Als häufigste Ursache wird die permanente Überlastung am Arbeitsplatz genannt.

Überhöhter Leistungsdruck, mangelnde Erholungsphasen, Angst den Arbeitsplatz zu verlieren führen bei Menschen, die eigentlich gesund sind und hoch motiviert viel in ihrem Leben viel erreichen wollen, zu körperlicher und geistiger Erschöpfung, Demotivation, Selbstwert- und Sinnverlust, sozialem Rückzug, Veränderung von Wertesystemen nach und nach fast unmerklich schleichend zu einer schweren reaktiven Depression, die schließlich die Bewältigung des Alltags nicht mehr möglich macht.

Dabei wäre bei rechtzeitiger Vorbeugung das Schlimmste zu vermeiden.

Hinter der psychogenen Depression stehen in der Regel die an ihrer Entfaltung gehinderte persönliche Lebensenergien, welche sich naturgegeben kraftvoll im Leben verwirklichen und beweisen wollen. Durch die Blockierung und Verhinderung dieser Lebenskaft wendet diese sich schließlich gegen die eigene Person; sozusagen als verunmöglichte Expresssion erfolgt die Depression. Die eigentlich für die positive Lebensgestaltung vorgesehene Energie wirkt dann destruktiv und krankmachend.

Immer wieder erfolgloses Anrennen, das Erleben fremdbestimmter nicht beeinflussbarer Begrenzungen, ansteigende Frustrationen aufgrund von Versagenserlebnissen, Kränkungen und Mangel an Bewätigungsstrategien (Resilienz), letztendlich die Überzeugung, das falsche Leben zu führen,  führt zur chronischen seelischen Erschöpfung.

Sind die äußerlichen schädigenden Gegebenheiten, (z.B. extrem hohe Stressbeslastung über längere Zeit, hohe eingegangene Verpflichtungen, zu ehrgeizige Berufsprojekte, Verlusterlebnisse etc.), die zu depressiven Phänomenen führen können, erst mal manifestiert und scheint der persönliche Lebensplan zu scheitern oder nur noch mit übermäßiger Anstrengung  bewältigt werden zu können, droht der Teufelskreis in die Krankheit. Reaktiv begründete Depression geschieht nicht einfach so; jeder Betroffene wirkt unwissentlich auch durch seine innere Einstellung daran mit.

In der psychotherapeutischen Behandlung der reaktiven Depression
werden die selbstschädigenden Wahrnehmung-, Denk- und Verhaltensweisen reflektiert, der persönliche Lebenskonstrukt begreifbar gemacht, um Schritt für Schritt an einer Neukonzeption des eigenen Lebens zu arbeiten, in der depressive Tendenzen weniger Raum haben.

Der Aufbau motivierender, selbst erreichbarer und sinnstiftender Lebensziele, eine gute Ausbalancierung von Arbeit und Erholung, die Fähigkeit sich gegenüber schädigenden Einflüssen besser abgrenzen zu können, das Gelingen persönlich befriedigender sozialer Beziehungen, das Einüben von Bewältigungsstrategien für Konfliktsituationen in Form eines Konfliktmanagements, die Aktivierung persönlicher Ressourcen sowie die Entwicklung neuer Fähigkeiten stehen hierbei im Vordergrund.

Prävention macht Sinn: Niemand muss darauf warten, erst über eine Depression dazu gezwungen zu werden, sich mehr für sich selbst, sein Leben und seine Gesundheit zu interessieren und einzusetzen. Vorbeugung ist immer kostengünstiger sowie leichter realisierbar als Therapie und bringt auch schneller die erwarteten Erfolge; das ist bei der Psyche ähnlich wie bei der Zahnpflege.