Bei vielfältigen Verhaltensproblemen die auf herkömmliche psychotherapeutische Interventionen (z.B.  Gesprächspsychotherapie) wenig Erfolg zeigen,

bietet es sich an, auch an die Möglichkeit einer Familienaufstellung zu denken. Die unbewusste innere Loyalität zur Herkunftsfamilie ist im Rahmen des Zugehörigkeitskonstruktes eines Menschen eine stark wirksame Kraft.

Die Familie als eine systemische Einheit zu akzeptieren heißt, mit der Familie einen lebendigen Organismus zu würdigen, wobei jedes Mitglied ein essentieller Teil, eine Ressource und deswegen entscheidend für ein befriedigendes Verhalten des ganzen Organismus ist.

Zur Vorgehensweise des Familienstellens in einer Gruppe
In einem Vorgespräch mit dem Therapeuten und vor der Gruppe klärt der Klient sein Anliegen. Der Therapeut achtet darauf, dass dieses Anliegen ernsthaft und nicht lediglich im intellektuellen Interesse vorgebracht ist.

In dem Vorgespräch sollten die Beschwerden des Klienten deutlich werden, vor allem aber auch seine Bereitschaft Klarheit und Eindeutigkeit gewinnen, sich gegenüber den Dynamiken seines familiären Systems zu öffnen. Der Therapeut beleuchtet weiterhin die familiäre Struktur und bittet den Patienten, die Familienmitglieder zu benennen und mitzuteilen, ob ihm schwere Schicksale in der Familie bekannt sind.

Schließlich schlägt der Therapeut die Familienmitglieder auf, die für den Klienten relevant sind und weiterhin mit seinen Beschwerden verknüpft scheinen: diese Familienmitglieder werden aufgestellt. Sollte sich im Verlaufe der Aufstellung zeigen, dass weitere Familienmit-glieder Bedeutung gewinnen, können diese nachträglich aufgestellt werden.
Beim Familienstellen wählt der Klient aus einer Gruppe von Teilnehmern Repräsentanten für die ausgewählten Mitglieder seiner Familie, auch für sich selbst und stellt sie räumlich in Be-ziehung zueinander.

Die Repräsentanten lösen sich, soweit ihnen dies möglich ist, von ihren „Alltagsbewusstsein“, d.h. sie sind ohne dezidierten Absichten des Erkennen und erkunden die Grundgefühle im aufgestellten System. Dabei erfahren die Repräsentanten, dass sie, sobald sie an ihrem Platz stehen, ähnlich empfinden wie die Personen, die sie vertreten. So gelangen verborgene Beziehungen zu einem anderen Mitglied der Familie ans Licht. 

Die Repräsentanten teilen unter Anleitung des Therapeuten ihre Wahrnehmungen und Gefühle mit und treten in Austausch miteinander, mit dem System. Im folgenden Ablauf werden für die Repräsentanten und den Aufstellenden vorteilhaftere Positionen im familiären System gesucht. Hierbei werden sie durch Nachfragen des Therapeuten hinsichtlich ihrer Befindlich-keit reflektiert und vorsichtig geführt.

Nachdem im System zu einer neuen heilsamen Ordnung gefunden wurde, kann der Aufstellende seine Position einnehmen und sich auf dieses neue Bild einlassen. Dies wirkt als ganz-heitliche Erfahrung auf vielen Ebenen gleichzeitig. Häufig sind lösende Sätze notwendig, die der Therapeut vorschlägt; diese dienen der Orientierung im System und ermöglichen die Zustimmung zum neuen Bild. Oft wirkt das erreichte Bild noch lange nach und verschiedene neue stärkende Aspekte treten in Erscheinung

Das Vorgespräch

Eine Aufstellung soll dazu verhelfen, den existentialen, das heißt den grundlegenden inneren Bezüge und Orientierungen im eigenen Lebensvollzug gewahr zu werden  – mit der Bereit-schaft, auch Verdrängtes, Schmerzhaftes oder Missachtetes wahrzunehmen und zu würdigen. Diese Bereitschaft zeigt sich in einem ernsthaftes Anliegen, oft begleitet von Nervosität, An-spannung und Respekt.
Reine Neugier dagegen verhindert Einsichten und innere Bewegungen, da Neugier sich auf die subjektiven Lebensgeschichten, nicht aber auf die existentialen Lebensvollzüge richtet.
Im Vorgespräch teilt der Klient dem Therapeuten vor der Gruppe sein Anliegen mit und prüft seine Bereitschaft, sich gegenüber den familiären Grundbezügen zu öffnen, d.h. diese ins Verhältnis zu seinen eigenen Beschwerden sehen zu wollen. Der Therapeut erfragt die Grund-strukturen der Familie.

Mögliche Einstiegsfragen:

1.    Welcher Problemklärung / welchem Ziel soll die Aufstellungsarbeit dienen?

2.    Wer gehört zu Ihrer Familie? Gibt es frühere Partner der Eltern, hatten Sie oder Ihre Frau einen früheren Partner?

3.    Welche schweren Schicksale (früher Tod, Trennung, Krankheit, Ausschlüsse) wirken in Ihrem Familiensystem?

4.    Gibt es jemanden in Ihrer Familie, der nicht erwähnt werden darf oder über den nicht gesprochen wird?

5.    Haben Sie tot geborene Geschwister, Kinder?

6.    Starb jemand in Ihrer Familie sehr früh oder auf tragische Weise

7.    Gibt es in Ihrer Familie jemanden mit einem ähnlichen Problem, das Sie tragen?

8.    Gab es jemanden, der eine größere Schuld auf sich geladen hat?

9.    Gab es jemanden, dem Unrecht geschah?

10.    Gibt es jemanden in Ihrer Familie, der nicht in seiner vollen Kraft leben konnte?

Schritte der Aufstellung

1.    Der Therapeut definiert mit dem Klienten das klare Thema und Ziel der Arbeit.

2.    Der Klient stellt mit beiden Händen (gesammelt) die Stellvertreter incl. seines Stell-vertreters im Raum auf und achtet dabei auch auf die Blickrichtung der Stellvertreter.

3.    Der Klient selbst begibt sich danach in eine Metaposition (außerhalb der Aufstellung).

4.    Der Therapeut befragt die Stellvertreter nach ihren Befindlichkeiten, Gefühlen von z.B. Wärme, Kälte, Enge, Lockerheit, Hin- und Abwendung, Anspannung etc.

5.    Der Therapeut achtet auch auf das nonverbale Verhalten der Stellvertreter (Mimik, Gestik, Haltung).

6.    Der Therapeut achtet auf kurze klare Stellungsnahmen der Stellvertreter und unterbin-det allgemeine Mutmaßungen, Ratschläge, Smalltalk der Stellvertreter.

7.    Gemäß den Befindlichkeiten stellt der Patient die Stellvertreter im System um und sucht dabei nach neuen guten Positionen für alle. Nach jeder Umstellung erfragt der Therapeut die veränderte Emotionalität aller Stellvertreter.

8.    Das Zentrum aller Interventionen bleibt der Stellvertreter des Klienten. Die Fokussie-rung anderer Schauplätze, z.B. Angelegenheiten der Geschwister oder anderer Fami-lienmitglieder, birgt die Gefahr, vom eigentlichen Thema anzulenken.

9.    Während der Arbeit achtet der Therapeut zusätzlich auf die Grundbefindlichkeit der gesamten Gruppe sowie speziell des Klienten. Unaufmerksamkeit der Gruppe deutet negative Systemstellungen an, Rührungen oder innere Bewegung de Klienten dagegen einen positiven Prozess.

10.     Die Wirksamkeit von neuen Positionen der Stellvertreter überprüft der Therapeut durch grundlegende Beziehungsaussagen oder Rituale der Stellvertreter zueinander.

11.    Das Lösungsbild bestätigt sich durch die ressourcereiche Befindlichkeit der Stellver-treter (jeder hat das Gefühl, an der richtigen Stelle zu stehen).

12.    Der Klient nimmt am Ende der Aufstellungsarbeit seine eigene Position im System ein, verbindet sich unter Anleitung des Therapeuten mit dem eigenen Gefühl und vollzieht die helfenden und lösenden Aussagen sowie Rituale

13.    Das Aufstellungsergebnis wird nicht diskutiert. Eventuelle Feedbacks aus der Gruppe sind gering zu halten und dienen nur dazu, den Klienten zu stärken oder zu unterstützen.

Im Vordergrund der Familienaufstellungen steht die Suche nach dysfunktionalen Interaktionsmustern. Die Lösung bezieht sich auf eine Verbesserung der verinnerlichten Bilder (interne Repräsentation) der Familienmitglieder (auch zueinander) durch den Klienten.