Das menschliche Gehirn hat die wunderbare Fähigkeit Zeitreisen zu unternehmen.

Fast jeder hat schon einmal die Erfahrung gemacht, dass er durch ein äußeres Ereignis, ein Bild, eine Melodie, ein bestimmtes Geräusch, einen Geruch oder einen Geschmack plötzlich mit allen 5 Sinnen in die Vergangenheit versetzt wurde und genau wahrgenommen hat, was es damals zu sehen, zu hören, zu riechen oder zu schmecken gab.

So kann die Vorstellung einer Prüfung, eines Bewerbungsgesprächsgeprächs, eines ersten Rendezvous in der Gegenwart schon so nervös machen, als sei dieses zukünftige Ereignis schon jetzt da.

Unser Gehirn vollzieht unbewußt und nahezu ununterbrochen solche Zeitsprünge. Träger dieser Zeitreisen ist unsere Phantasie, sind unsere 5 Sinne, die viel mehr wahrnehmen können als das, was gerade jetzt um uns herum passiert.

Diese 5 Sinne können auch eine innere Vorstellung davon aufbauen, was einmal passiert ist oder von was wir glauben, dass es passieren wird.

Bei jedem Menschen sind die Fähigkeiten der inneren 5 Sinne zu solchen Zeitreisen unterschiedlich stark ausgeprägt. Manche Menschen können sich sehr gut an  Bilder aus der Vergangenheit erinnern. Andere Menschen erinnern besser Stimmen und Geräusche. Für wieder andere ist es so, dass sie den Geschmack einer bestimmten Mahlzeit z. B. aus dem Urlaub noch auf der Zunge haben, wenn sie daran denken. Nicht selten ist es auch, dass Menschen genau die Gerüche wieder erleben, die es in Mutters Küche oder auch auf dem Fischmarkt in ihrem Urlaubsort wahrzunehmen gab.

Da die Wahrnehmung eines Bildes die meisten Informationen wiedergeben kann, mehr als das Hören, Riechen oder Schmecken, fragt man bei der Imaginationsarbeit immer zuerst danach, was zu sehen ist. Dann versucht man die Wahrnehmung zu vervollständigen, indem man auch die anderen Sinne überprüft.

Entscheidend für den Erfolg der Übung ist, dass sich zu den verschiedenen Wahrnehmungen ein Gefühl einstellt. Sie werden feststellen, dass die verschiedenen Sinne unterschiedlich starke Beiträge dazu leisten, wie stark das Gefühl für eine erinnerte oder zukünftige Situation ist.

So kann es z. B. sein, dass Sie ein vollständiges und detailliertes Bild einer Situation haben, ein Gefühl dazu sich aber erst einstellt, wenn Sie versuchen zu riechen, was es in dieser Situation zur riechen gab oder zu riechen sein wird.

Sie bemerken daran, dass es für unser Gehirn die Ausnahme ist, in der Gegenwart zu sein, und dass es dazu tendiert immer wieder in vergangene oder zukünftige Szenen abzugleiten. Warum also diese Eigenschaft, die unbewußt nahezu ununterbrochen geschieht, nicht auch einmal bewußt zu nutzen.
 
Wenn Sie in solcher bewußter Vorgehensweise ungeübt sind, ist es für den Erfolg der Übung hilfreich, wenn Sie die Grundtechnik an einfacheren Vorgängen einüben. Für den Gang in die Zukunft bedeutet dies, dass wir uns zunächst mit der näheren Zukunft beschäftigen, weil die Vorstellung davon leichter ist. Bei den Ereignissen, die unmittelbar bevorstehen oder die tägliche Routine sind, bekommen wir auf Anhieb ein vollständigeres Bild als von Ereignissen in der fernen Zukunft.

Übung 1: Sich in die Zukunft versetzen anhand alltäglicher Routinehandlungen
Nehmen Sie ein alltägliches Ereignis wie Zähne putzen oder Haare kämmen, zum Auto gehen oder was Sie sonst noch täglich oder routinemäßig machen. Am besten geeignet sind solche Ereignisse, bei denen Sie sich auch in einem Spiegel beobachten könnten oder Sie stellen sich vor, wie das im Traum manchmal möglich ist, dass Sie selbst außerhalb von sich wahrnehmen und sich bei der Tätigkeit beobachten können.

Wenn Ihnen die zeitlichen Schritte der folgenden Übung zu gering sind, so können Sie auch einige Stufen auslassen. Es kann allerdings auch sein, dass Sie Zeit brauchen, bis sich eine Wahrnehmung einstellt. Gehen sie deshalb nicht zu schnell vor.

Morgen: Stellen Sie sich vor, wie Sie morgen diese Tätigkeit (z.B. Zähne putzen)  ausführen werden!
•    was sehen Sie?
•    was hören Sie?
•    gibt es etwas zu schmecken oder zu riechen?
•    welches Gefühl haben Sie?

In einer Woche: Es ist eine Woche vergangen. Sie führen diese Tätigkeit wieder aus!
•    was sehen Sie?
•    was hören Sie?
•    gibt es etwas zu schmecken oder zu riechen?
•    welches Gefühl haben Sie?

In einem Monat: Es ist ein Monat vergangen. Sie führen diese Tätigkeit wieder aus. Was wird evtl. anders sein als heute?
•    was sehen Sie?
•    was hören Sie?
•    gibt es etwas zu schmecken oder zu riechen?
•    welches Gefühl haben Sie?

In einem Jahr: Nun stellen Sie sich vor, dass ein Jahr vergangen ist. Sie führen die Tätigkeit wieder aus!
•    was sehen Sie?
•    was hören Sie?
•    gibt es etwas zu schmecken oder zu riechen?
•    welches Gefühl haben Sie?

In zwei Jahren: Auch nach 2 Jahren führen Sie diese Tätigkeit wieder aus. Sie sind zwei Jahre älter.
•    was sehen Sie?
•    was hören Sie?
•    gibt es etwas zu schmecken oder zu riechen?
•    welches Gefühl haben Sie? 

In fünf Jahren: Nun sind 5 Jahre vergangen. Sie führen die Tätigkeit wieder aus. Was hat sich verändert?
•    was sehen Sie?
•    was hören Sie?
•    gibt es etwas zu schmecken oder zu riechen?
•    welches Gefühl haben Sie ?

In 10 Jahren: Auch in 10 Jahren führen Sie diese Tätigkeit wieder aus. Was hat sich jetzt verändert?
•    was sehen Sie?
•    was hören Sie?
•    gibt es etwas zu schmecken oder zu riechen?
•    welches Gefühl haben Sie?

Übung 2: Sich in die Zukunft versetzen mit besonderen Ereignisse     
Im Leben eines jeden Menschen gibt es besondere Ereignisse, die wir feiern, nur still begehen, oder die Trauer in uns auslösen: Schulabschluss, Hochzeit, Trennung, Beförderungen, runde Geburtstage, Tod von Angehörigen, Ausscheiden aus dem Berufsleben etc.

Auch in Ihrem Leben wird es in der Zukunft solche Ereignisse geben. Erstellen Sie sich eine Liste der Ereignisse, die Sie in Zukunft mit Sicherheit erwarten. Sie können mit relativ kleinen und weniger wichtigen Ereignissen beginnen, wie dem nächsten Gespräch mit einem wichtigen Kunden, mit dem Vorgesetzten, die näher an der Gegenwart liegen.

Wenn diese Liste einige wichtige Ereignisse aus Ihrer Zukunft aufweist, dann beginnen Sie mit den der Gegenwart nächstliegenden Ereignis und gehen von dort aus in die Zukunft zu den jeweils weiter entfernt liegenden Geschehnissen. 

Zu jedem dieser Ereignisse versuchen Sie , die für Sie wichtigen Wahrnehmungen zu machen: (als Beispiel für ein Ereignis können Sie z.B. einen der nächsten runden Geburtstage wählen).

Zusätzlich werden in dieser Übung 2 unterschiedliche Wahrnehmungszustände berücksichtigt:

a. Beobachtung von außen= distanzierte Betrachtung (sie sehen sich selbst in der Szene).

Schauen Sie sich die Szene an, als seien Sie neutraler Beobachter. Die folgenden Fragen sind Anhaltspunkte dafür, worauf Sie achten können. Oft können jedoch nicht sehr viele Einzelheiten wahrgenommen werden, insbesondere wenn Sie diese Übung zum ersten Mal machen.

Was sehen Sie?
Versuchen Sie sich selbst zu beobachten. Wie alt sind Sie an diesem runden Geburtstag? Woran erkennen Sie, dass Sie dieses Alter haben? Wie verhalten Sie sich? Können Sie sehen wer sonst noch anwesend ist? Wo findet dieses Ereignis statt?

Was hören Sie?
Können Sie Ihre Stimme hören? Gibt es einen Unterschied dazu, wie Sie Ihre Stimme in der Gegenwart wahrgenommen haben? Was gibt es sonst noch zu hören? Wer sagt was?

Nach dem Gefühl, welches sich dazu einstellt, fragen Sie in diesem Zusammenhang nicht, weil Sie lediglich Beobachter der Szene sind.

b. Beobachtung aus den eigenen Augen (assoziiert)
Nun wechseln Sie die Beobachtungsposition und betrachten dasselbe Ereignis ( im Beispiel einen der nächsten runden Geburtstage ) so, als würden Sie aus Ihren eigenen Augen schauen.

•    was sehen Sie?
•    was hören Sie?
•    gibt es etwas zu schmecken oder zu riechen?
•    welches Gefühl haben Sie?

Nehmen Sie sich Zeit, all die Wahrnehmungen für dieses zukünftige Ereignis kommen zu lassen, soweit es Ihnen möglich ist. Kaum jemand wird all die Wahrnehmungen haben, es geht lediglich darum, das wahrzunehmen, was Ihnen gerade möglich ist.

Die gleiche Prozedur vollziehen Sie auch mit den anderen Ereignissen auf Ihrer Liste, die Sie notiert haben, aus den beiden Beobachtungspositionen und mit soviel Wahrnehmung wie möglich.  
 
Übung: Reflektion der Zukunft

Nun haben Sie schon eine gewisse Routine, in die Zukunft zu gehen. Diese Routine nutzen Sie jetzt um ein weiteres Mal in die Zukunft zu gehen. Teilen Sie Ihr Leben in Zehnerschritten ein und beginnen sie je nach Ausgangsalter mit 50, 60 oder 70 Jahren. Wie weit Sie in die Zukunft gehen ob bis 80, 90 oder gar 100 Jahre ist Ihrer Phantasie überlassen.

Sie halten sich auch an keiner der Stationen mehr lange auf, um all das wahrzunehmen, was wahrzunehmen ist. Es ist nur wichtig, dass Sie wissen: an der Station, an der Sie sich befinden sind Sie tatsächlich 70, 80 oder 90 Jahre alt und es war Ihr Leben, das Sie gelebt haben.
    
Zurückschauen auf die Gegenwart
Wenn Sie an der letzten Station angelangt sind ( es muss nicht das Ende Ihres Lebens sein ) drehen Sie sich um und schauen auf Ihr Leben zurück. Sie können sich folgende oder ähnliche Fragen stellen: ( Es ist wichtig, sich ausreichend Zeit zu nehmen ) :

•    Was hätte ich gerne erlebt?
•    Wofür hätte es sich gelohnt, dass ich mich eingesetzt hätte?
•    Womit wäre ich zufrieden gewesen?
•    Wie sollte das Leben verlaufen sein?     

Mit der Information aus der Zukunft, was in Ihrem Leben wichtig gewesen wäre, kommen Sie zurück in die Gegenwart und vergleichen diese wünschenswerte Zukunft mit Ihrer Gegenwart.
•    Was ist bereits erreicht?
•    Was will ich noch tun?
•    Welche Fähigkeiten dazu habe ich  bereits?
•    Welche Fähigkeiten will ich mir noch aneignen?
•    Was ist wirklich wichtig?    

Damit nichts Wichtiges verloren geht, was Sie in der Übung oder auch bereits in den Vorübungen erfahren haben, machen Sie sich eine Liste mit den Dingen, die Sie ändern möchten und den Kenntnissen und Fähigkeiten, die Sie dafür benötigen. Zu den einzelnen Punkten können Sie später dann jeweils einen Zielplan erarbeiten.

Dieselbe Vorgehensweise ist natürlich auch mit der Zeitlinie in die Vergangenheit möglich. Da in der Retrospektive jedoch auch verdrängte Problemerfahrungen wieder in das Bewusstsein gelangen können, sollte die Begleitung durch einen Coaches in Anspruch genommen werden.

In unserem Einzelcoaching oder auch in unseren Ausbildungs-Seminaren verwenden wir solche und ähnliche Übungen. Dort – in direktem Kontakt mit dem Coach oder Trainer – ist natürlich ein viel individuelleres Eingehen auf spezifische Möglichkeiten und Fähigkeiten des einzelnen Teilnehmers möglich.